Decoding Thoughts & Dreams
Zur Person: Dr. Cerf ist Neurowissenschafts- und Wirtschaftsprofessor an der Northwestern University und der Kellogg School of Management. In seiner Forschung beschäftigt sich Dr. Cerf damit, welche Hirnmechanismen unsere Psyche, Verhaltensänderungen, Emotionen, Träume, Gedanken und die Fähigkeit Entscheidungen zu fällen beeinflussen. Seine Erkennnisse stellt er regelmäßig bei Symposien und Talks vor, wie PopTech, TED, TEDx, Google Zeitgeist, DLD, nextM.
Cerf: Man kann es aber auch positiv betrachten. Beispielsweise verhalten sich depressive Menschen sehr stereotypisch. Wir können sagen, dass ein Mensch depressiv ist, bevor ebendieser es selbst weiß. Man bewegt sich weniger, verwendet das Telefon auf einmal nicht mehr so häufig… Und wir können eingreifen. Mit diesen Vorhersagen können wir zum Beispiel gerade im Gesundheitssystem sehr vielen Menschen helfen!
Cerf: Wir können bereits sagen ob Content fesselnd ist, oder nicht. Aber Unternehmen wollen von uns nicht nur wissen, ob die Inhalte interessant sind, sondern wie Inhalte sein müssen, damit sie für Zuschauer fesselnd sind.
Altbekannt ist, dass Content mit Humor besser ist, als ohne, dass einfache Inhalte besser als komplexe funktionieren… Was aber doch überraschend ist: Manchmal ist es für das große Ganze besser, wenn Inhalte nicht interessant sind!
Das bedeutet aber nicht, dass man Leute langweilen sollte. Es geht vielmehr darum „Interessens-Täler“ zu schaffen, um dem Gehirn der Menschen eine Pause zu gönnen.
Plant man die Täler, so kann man auch die „Interessens-Gipfel“ strategisch setzen, um sicherzugehen, dass Rezipienten in den ausschlaggebenden Momenten tatsächlich aufmerksam sind.
Wenn man als Unternehmen also versucht die ganze Zeit hochfesselnden Content zu generieren, verliert man auf lange Sicht mehr Menschen, als man gewinnt!
Cerf: Für eine Brand ist es sehr sinnvoll, wenn sie mehr als nur einen der fünf Sinne anspricht.
Je mehr davon angesprochen werden, desto besser. Natürlich ist die visuelle Komponente am einfachsten, weil Unternehmen diese schnell bedienen können. Immerhin sind 20 Prozent des Gehirns auf das Sehen ausgerichtet.
Die zweitgrößte Region ist aber das Hören. Daher wäre es für eine Marke als Schlussfolgerung nur logisch, diese beiden Sinne zu kombinieren.
Außerdem ist wichtig zu wissen: Wenn man als Marke keinen spezifischen Sound zum Auftritt hinzufügt, wird es das menschliche Gehirn so oder so machen. Das Gehirn sieht z.B. ein Logo und „füllt die Lücken“.
Wenn eine Brand aber im Vorfeld entscheidet, wie sie klingt, dann kontrolliert sie selbst diese Botschaft. Von daher sollte man als Marke besser selber bestimmen, wie man „sich anhört", bevor es die Gehirne der Konsumenten da draußen eigenhändig übernehmen.
Cerf: Wir haben freien Willen. Aber wir haben viel weniger, als wir denken. Und es wird mit der Zeit sogar noch weniger. Immer mehr Studien zeigen, dass man die Entscheidungen von Menschen vorhersagen kann, noch bevor sie getroffen werden. Einfach nur durch Beobachtung. Menschen sind viel weniger „einzigartig“, als sie selbst denken. Daher gilt in der Regel, wenn wir das menschliche Verhalten einer Person lange genug beobachten können, können wir auch vorhersagen, welche Entscheidungen sie in naher Zukunft treffen wird.
Cerf: Es gibt zwei Szenarien. Das erste Szenario erlaubt es der Wirtschaft besser zu wissen, was der Konsument will und diesem „gute“ Produkte anzubieten. Man kann über die Person lernen und darüber, welche Dinge ebendiese mag. So ist es einfacher aus der Masse auszuwählen.
Die schlechtere Variante wäre, dass man Konsumenten sagen kann, was sie kaufen sollen.
Ein Beispiel hierzu: Durch Verhaltensmuster kann ich herausfinden, dass eine Konsumentin Dinge kauft, die sie nicht braucht, wenn sie sich unter Druck gesetzt fühlt. Im nächsten Schritt finde ich heraus, dass sie um 17:30 mehr Druck und Stress verspürt, weil sie bald zu den Kindern nach Hause muss, während sie um 10:00 vormittags entspannter ist. Also schickt man dieser Frau um 17:30 eine Werbung zu einem Produkt mit einem speziellen Rabatt, dass sie zwar nicht wirklich brauchen wird, aber trotzdem kauft, weil sie sich unter Druck gesetzt fühlt. Die verschiedenen Botschaften beeinflussen uns alle und wir Menschen zeigen als Reaktion darauf durch unser Verhalten, wer wir wirklich sind. Und das kannst du im Guten wie im Bösen einsetzen.
Cerf: Das Visuelle benötigt die meiste Aufmerksamkeit, Audio weniger. Aber als Marke sollte man nicht nur den Faktor „Aufmerksamkeit“ betrachten, sondern die Qualität ebendieser. Ist sie positiv oder negativ?
Daher ist es ratsam für Marken auch auf die Valenz, also die Emotion, welche durch Konsumenten mit der Marke assoziiert wird, zu achten. Ich glaube, besonders Audio und generell zusätzliche „Sinne“ können die „Markenemotionen“ hier sehr stark beeinflussen.
Denn: Wenn du in deinem Kopf eine wunderschöne Musik mit einer Brand verbindest, wird sie dir sicher im Gedächtnis bleiben!
Alle Bilder © Christoph Breneis